Psychische Erkrankung und Lebensqualität
Als VSP haben wir uns der Arbeit mit und für Menschen mit psychischen Erkrankungen verpflichtet. Es gibt viele unterschiedliche Sichtweisen über die Entstehung und das Wesen psychischer Erkrankungen. Wir als VSP aber fühlen uns den Menschen gegenüber verantwortlich und nicht einer bestimmten Definition von psychischer Erkrankung. Weiterlesen...
Definitionen sehen wir als notwendige Hilfskonstrukte, die unter anderem den Zugang zu Leistungen regeln. Seelisches Leiden mit entsprechenden Auswirkungen auf alle Lebensbereiche sehen wir einerseits als mögliche und typische Dimension des Menschseins, das jeden über einen gewissen Zeitraum in unterschiedlicher Intensität treffen könnte. Dem gegenüber steht Unverständnis bei Mitmenschen, die die Verhaltensweisen von Betroffenen als abweichend oder befremdlich wahrnehmen. Psychisches Leid entsteht auch durch starre soziale und professionelle Rahmenbedingungen. Diese sind flexibel auf die spezifischen Bedürfnisse der Betroffenen anzupassen. Es geht nicht nur um die Linderung von Leid, sondern auch um die Verwirklichung persönlicher Ziele und Wünsche trotz der Erkrankung. Unsere Aufgabe ist es, gemeinsam mit den Betroffenen, Leitplanken, Möglichkeiten und Ideen zu erarbeiten, um ihnen einen Weg zu einem möglichst selbstbestimmten Leben und zu mehr Lebensqualität zu eröffnen.
Zielgruppe und Versorgungsauftrag
Die Hilfsangebote des VSP richten sich in erster Linie an Menschen mit psychischen Erkrankungen und Beeinträchtigungen in jeglichem Lebensalter in ihren jeweils unterschiedlichen Lebenslagen. Im weiteren Sinne zielen unsere Angebote auch auf deren soziales Umfeld wie z.B. Angehörige, Kinder oder Gastfamilien. Der VSP sieht sich gemeinsam mit anderen Akteuren im gemeindepsychiatrischen Verbund in der Verpflichtung, jedem Menschen mit sozialpsychiatrischem Unterstützungsbedarf möglichst wohnortnah geeignete Hilfen anzubieten, sofern eine Finanzierung in Aussicht steht. Weiterlesen...
Wir setzen uns mit anderen Trägern dafür ein, bedarfsgerechte Finanzierungen für bestehende Angebote zu schaffen und zu sichern. Wir nehmen unseren Versorgungsauftrag ernst, kommen dabei aber durchaus an fachliche und personelle Grenzen. Eine besondere Herausforderung stellt sich für uns bei Menschen, für die noch kein wohnortnahes Angebot existiert. . Wir verpflichten uns Angebote im Rahmen unserer Möglichkeiten bedarfsorientiert und flexibel weiterzuentwickeln, so dass möglichst für jeden individuellen Hilfebedarf ein passendes Angebot zur Verfügung steht.
Zielsetzungen
Nichts über uns ohne uns – dieser alte Satz aus der Selbsthilfebewegung sollte als oberste Maxime über unserer Arbeit stehen. Es ist unser Ziel, Menschen mit psychischer Erkrankung als gleichberechtigte Partner in unserer Arbeit ernst zu nehmen, sie im Sinne des Empowerment (Selbstbefähigungs-) Gedankens zu motivieren, ihre Sichtweisen beharrlich einzubringen und ihre Rechte einzufordern. Wir versuchen, die von uns unterstützten Klienten*innen auf unterschiedlichen Ebenen zu beteiligen, von der individuellen Hilfeplanung über wichtige Entscheidungen in Einrichtungen unseres Vereins bis hin zur Einmischung in kommunalpolitische Entscheidungen. Grenzen von Beteiligung entstehen dort, wo Persönlichkeitsrechte anderer Menschen (Klienten*innen oder Mitarbeiter*innen) berührt werden. Wir sehen es als unsere Aufgabe, mit unseren Klienten*innen die Spannung zwischen gesellschaftlichen Erwartungen und individuellen Lebensvorstellungen zu reflektieren und ihre Eigenverantwortlichkeit zu betonen. Weiterlesen...
Hier bieten wir keine fertigen Konzepte an, halten uns zurück mit Interpretationen und Erklärungen, sondern versuchen mit dem jeweiligen Klienten*innen auf der Grundlage seiner Lebensvorstellungen für ihn geeignete Strategien und Lösungen zu entwickeln. Auf sozialpolitischer Ebene bedeutet das, dass wir uns dafür einsetzen, Normalitätsvorstellungen zu erweitern. Viele unserer Klienten*innen leiden darunter, scheinbar nicht normal zu sein und geraten dadurch immer wieder in psychische Krisen. Die gesellschaftliche Anerkennung sehr unterschiedlicher Lebensentwürfe könnte diesen Klient*innen helfen, ein selbst-bewussteres Leben zu führen. „Es ist normal, verschieden zu sein.“Auf konzeptioneller Ebene erscheinen uns die seit über 20 Jahren bestehenden und weiterentwickelten Konzepte zur Lebensweltorientierung für unsere Arbeit weiterhin sehr tragfähig. Als Stichworte seien hier genannt: Der Vorrang präventiver, niederschwelliger Angebote vor rehabilitativ-therapeutischen Maßnahmen, die Einbettung unserer Angebote in Strukturen des Gemeinwesens das Anknüpfen an manchmal ungewöhnliche Alltagspraktiken unserer Klient*innen, die Förderung von Aushandlungsprozessen („Verhandeln statt Behandeln“) sowie der Versuch, Begegnungen zwischen Menschen mit psychischen Handicaps und Menschen ohne Behinderung zu ermöglichen. Wir sehen es als unser Ziel an, Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit psychischer Erkrankung in unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft zu schaffen (in Nachbarschaft, Vereinen, an Arbeitsplätzen oder im öffentlichen Bereich), allerdings im Wissen um die Schwierigkeit und Zählebigkeit solcher Prozesse und mit dem Bewusstsein, dass eine leistungsorientierte Gesellschaft immer auch den Ausschluss bestimmter Personengruppen produziert. Wir wissen, dass wir unsere genannten Ziele als Verein nie allein verwirklichen können. Wir sind zwingend angewiesen auf Mitstreiter*innen auf allen Ebenen: Betroffene selbst, Angehörige, professionelle und freiwillige Helfer*innen,
Kooperationspartner*innen der Sozialpsychiatrie vor Ort sowie Organisationen im Sozialraum (Vereine, Schulen, Kirchen...) und kommunalpolitische Entscheidungsträger. Deshalb sind wir bestrebt, unseren Blick immer wieder über unseren eigenen Tellerrand hinaus zu weiten und neben der Arbeit im Rahmen des Gemeindepsychiatrischen Verbundes die konkrete Kooperation mit Organisationen auch außerhalb der Sozialpsychiatrie vor Ort aufzubauen.
Mitarbeitende im VSP
Bei der Arbeit mit Menschen mit psychischer Erkrankung kommt Mitarbeiter*innen oft eine Schlüsselrolle zu. Sie sind die Koordinatoren/innen in der Begleitung von Klient/innen im sozialen Feld. Sie wirken in erster Linie durch ihre Persönlichkeit. Sie sind professionell in unterschiedlichen Fachrichtungen mit entsprechenden Methodenkenntnissen und Fachwissen ausgebildet. Sie wenden situativ angemessen verschiedene Arbeitstechniken an. Darüber hinaus arbeiten sie reflektiert unter Verinnerlichung der Grundhaltungen, die den VSP prägen. Ihr Handeln zeichnet sich durch Authentizität, Offenheit, Akzeptanz und Wertschätzung ihres Gegenübers aus (vgl. Kapitel Zielsetzungen). Dies ist die Basis erfolgreicher Beziehungsarbeit, zu der neben Empathie auch Abgrenzung und Auseinandersetzung gehören. Diese Prinzipien gelten auch für den Umgang innerhalb des VSP und sind Garanten einer positiven und lebendigen Teamkultur. Mitarbeitende sind deshalb die wichtigste Ressource des VSP. Weiterlesen...
Die Fürsorge und Unterstützung durch die Leitung drückt sich u.a. durch gute Fortbildungsregelungen, Supervision, Jahresgespräche etc. aus. Zentrale Ziele des VSP sind Mitgestaltung des Arbeitsplatzes und gute Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Freizeit. Hierdurch werden Motivation und Engagement erhalten und gefördert. Entsprechend den Leitungsprinzipien haben Mitarbeitende des VSP das Recht und die Aufgabe, bei wichtigen Entscheidungen innerhalb des VSP mitzuwirken. Die Voraussetzung hierfür ist eine umfassende Information über wichtige Vorgänge im Verein, die allen Mitarbeitenden und Organen im VSP zugänglich gemacht wird. Es gibt eine lange Tradition der Mitarbeit von Ehrenamtlichen und Betroffenen. Sie erweitern die Sichtweisen und tragen zur Normalität bei. Ein weiterer Ausbau in diese Richtung scheint uns auch angesichts aktueller Diskussionen um die Grenzen professioneller Systeme nach wie vor zukunftsweisend.
Diese Grundhaltungen sind innerhalb einer Arbeitsgruppe des VSP, die sich aus Mitgliedern des Vorstandes, der Geschäftsführung, des Leitungsteams sowie Mitarbeiter*innen zusammensetzte, entstanden bzw. weiterentwickelt worden. Der Entwurf dieser Arbeitsgruppe wurde innerhalb der Einrichtungen unter Beteiligung von Betroffenen besprochen und im Rahmen eines Mitarbeiter*innen Tages des VSP diskutiert und konkretisiert. Der Vorstand des VSP hat sie am 03.11.2014 in Kraft gesetzt.